Manchmal kommen KlientInnen zu mir in die Praxis, weil sie regelmäßig an Kopfschmerzen leiden. Viele werden von ihrer/m ÄrztIn überwiesen, wissen aber nicht so richtig, was sie bei einer/m PsychologIn sollen. Sie wissen häufig wenig über ihre Kopfschmerzen. Eine richtige Diagnose haben die meisten auch nicht. Ihre Methode: Schmerzmittel nehmen, von denen sie denken, dass sie helfen.
Folgende Punkte sind für Migräne essentiell:
- Das Aufsuchen einer speziellen Einrichtung, z.B.: eine Kopfschmerzambulanz, um die richtige Diagnose zu erhalten
- Bei Notwendigkeit die Verschreibung einer adäquaten medikamentösen Behandlung
- Ausreichend Informationen über die Erkrankung
Gerade die richtige Diagnose sowie gute Aufklärung können bei vielen Betroffenen bereits entlastend wirken und fördern ein anderes Bewusstsein über die Erkrankung. KlientInnen, die durch die medikamentös behandelte Migräne (akut/prophylaktisch) trotzdem Leidensdruck erfahren, begeben sich manchmal in psychologische Behandlung.
Das Finden der Ursache
In der psychologischen Behandlung von MigränepatientInnen spielen auch viele psychosoziale Zusammenhänge eine große Rolle. Diese Umstände können den Leidensdruck oftmals erhöhen. Darunter fallen zum Beispiel: Belastung am Arbeitsplatz (Konflikte, Schichtdienst) oder Arbeitslosigkeit aufgrund der Migräne, finanzielle Sorgen, Konflikte im familiären Umfeld, Überlastung, Überforderung, hoher Leistungsdruck, Mehrfachbelastungen (vor allem bei Frauen). In den Gesprächen mit der/m PsychologIn werden die belastenden Faktoren identifiziert und nach Lösungen bzw. Entlastungen im gegenwärtigen „Lebensmodell“ gesucht. Bei chronischen Konflikten (z.B.: bei Beziehungsproblemen) werden auch Behandlungen gemeinsam mit den betreffenden Angehörigen durchgeführt.
Wieder zurück ins Leben
Neben der Entlastung im Alltag ist auch die soziale und emotionale Kompetenz ein wichtiger Punkt in der Behandlung. Manche Migräne Betroffene tendieren dazu, sich sozial zurückzuziehen. Dadurch können Unsicherheiten und Ängste in sozialen Situationen entstehen und das führt wiederum zu einer erhöhten Stressbelastung. Ein wichtiger Fokus ist daher das Erlernen von Strategien um mit dem Stress umzugehen. Muskelentspannung, Autogenes Training, Visualisierungsübungen und Tranceinduktionen, sowie Achtsamkeitstraining können dabei helfen.
Die Erhöhung der emotionalen Kompetenz nach Berking M. (2008) beinhaltet das Annehmen und Akzeptieren negativer Gefühle und der Umgang mit ihnen. Beim Migräneschmerz und bei Vorboten (Aura) entstehen negative Gefühle wie Angst, Wut, Ärger, Unsicherheit und Verlustgefühle bezüglich der eigenen Kompetenz. Durch erhöhte emotionale Kompetenz können diese Gefühle akzeptiert und angenommen werden.
Meine Erfahrung als Psychologin hat mich aber vor allem eines gelehrt: Verständnis und wertfreies Zuhören ist für Migräne PatientInnen das Um und Auf. Viele haben die Erfahrungen gemacht, dass ihnen nicht geglaubt wird. Dass einem unterstellt wird, dass man übertreibt. Auch die Motivationsarbeit ist ein wichtiger Punkt: Als Betroffene/r sollte man sich nicht entmutigen lassen durch die immer wiederkehrenden Migräneattacken. Aktives Handeln ist wichtig, passives Erdulden ist zu vermeiden. Das ist der Strang, an dem die/der KlientIn und ich als Psychologin gemeinsam ziehen, um einen positiveren Umgang mit der Migräne zu erreichen.
Autorin: Mag.a Melanie Kappel
Klinische- und Gesundheitspsychologin; Wahlpsychologin für klinisch-psychologische Diagnostik in freier Praxis; zertifizierte Arbeitspsychologin; allgemein gerichtlich beeidete Sachverständige;Klinische Psychologin in der Familienberatungsstelle „Lichtblick“ Feldkirchen/Kärnten